Ingrid Korosec
Präsidentin des Österr. Seniorenbundes
Abgeordnete zum Wr. Landtag
Volksanwältin a.D.
„Ältere Menschen sind ein bunter Haufen verschiedener Lebensstile“. Bei einer Diskussion über die Zukunft des Wohnens im Alter mit dem Wiener Sozialstadtrat Hacker habe ich betont, dass die ältere Generation so vital und vielfältig ist wie nie zuvor. Das bedeutet auch, dass wir neue Wege gehen müssen, was Wohnen und Zusammenleben betrifft. Bloß Pflegeheimplätze aufzustocken, kann keine gangbare Lösung sein.
Menschen wollen auch im Alter selbstbestimmt und selbstständig sein. Das müssen wir ihnen ermöglichen. So beugen wir Pflegebedürftigkeit vor und steigern gleichzeitig die Lebensqualität. Nicht zuletzt ist Vereinsamung ein Problem, das besonders ältere Menschen betrifft, aber oft tabuisiert wird. Wohnen muss also auch Gemeinschaft bedeuten. Langsam entwickelt sich ein vielfältiges und an die unterschiedlichen Lebensstile älterer Menschen angepasstes Angebot, von dem ich Ihnen ein paar Beispiele vorstellen möchte.
Gemeinschaftliches „Wohngrätzl“
Im Wiener Sonnwendviertel entsteht mit „Gleis 21“ ein breit angelegtes Wohnprojekt, das vor allem auf Vielfalt setzt. Menschen verschiedener Generationen und Hintergründe leben zusammen. Einrichtungen wie ein Kino und ein Mehrzweckraum fördern das Miteinander und sind im „Grätzl“ Treffpunkt. Für die älteren Bewohnerinnen und Bewohner bereichert es den Alltag und beugt Einsamkeit vor, den Jüngeren eröffnet es neue Perspektiven. Es engagieren sich mittlerweile 67 Menschen im als Verein organisierten Wohnprojekt. Ich selbst habe das Gleis 21 besucht und war hellauf begeistert.
Ein ähnliches Projekt gibt es in Kagran. Das „Generationenband“ fördert das Miteinander der Generationen. Das Wohnareal ist in vier Stiegen unterteilt: Familien, Studenten, 55+ und Gemeinschaftswohnungen. Gemeinschaftsflächen und Aktivitäten wie miteinander frühstücken oder Gartenarbeit fördern den Austausch und Zusammenhalt.
Betreutes Wohnen: Mobile und teilstationäre Angebote
Älteren und pflegebedürftigen Menschen wird ermöglicht, weiterhin in ihren eigenen vier Wänden zu leben. Je nach Bedarf werden gewisse häusliche Tätigkeiten wie Putzen, Kochen oder auch die Körperpflege mit Unterstützung einer Betreuungsperson, beispielsweise von der Caritas, erledigt. Das soll helfen, auch im Alter die Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit so weit wie möglich zu erhalten. Tagesstätten bieten kurzzeitige Betreuung, Freizeitaktivitäten oder auch therapeutische Leistungen.
Generationsübergreifende Wohngemeinschaften
Viele junge Menschen zieht es für Arbeit und Studium in die Städte, aber dort fehlt es oft an Wohnraum. Die Plattform Wohnbuddy schafft hier zum Beispiel Abhilfe und vermittelt jungen Menschen in Wien freie und günstige Zimmer in privaten Wohngemeinschaften mit Seniorinnen und Senioren. Der Tausch ist simpel: Günstiger Wohnraum gegen gemeinsame Zeit und Unterstützung im Alltag. Jung und Alt werden zu Wohnpartnern und unterstützen einander gegenseitig nach gemeinsam vereinbarten Vorstellungen. Die Plattform begleitet jede neu gegründete Generationen-WG, um sicherzustellen, dass alles klappt.
Zusätzlich fördert die Plattform auch generationsübergreifendes Wohnen in zahlreichen Pensionistenwohnhäusern, Pflegeheimen und Einrichtungen der Caritas – ein neues und spannendes Experiment.
Selbstbestimmtheit und Generationenaustausch sind das Um und Auf
All diese vielfältigen Möglichkeiten haben ein gemeinsames Ziel: Die Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit zu bewahren und Einsamkeit entgegenzuwirken. Außerdem stärkt es den Austausch und die Verbindung zwischen den Generationen. So können wir viel voneinander lernen und dem Leben neue Blickwinkel abgewinnen.