Ingrid Korosec
Präsidentin des Österr. Seniorenbundes
Abgeordnete zum Wr. Landtag
Volksanwältin a.D.
In den vergangenen Tagen wurden im Nationalrat wichtige Initiativen zugunsten der älteren Generation auf den Weg gebracht. Beispielsweise bekommen Menschen mit 40 Beitragsjahren in Zukunft eine erhöhte Mindestpension. Ich begrüße den eingeschlagenen Weg. Die künftige Regierung muss jedoch eine umfassende Pflegereform zu ihrer obersten Priorität machen!
Personalmangel, zersplitterte Kompetenzen und dadurch unterschiedliche Angebote, zu wenig mobile Dienste und pflegende Angehörige, die in den kommenden Jahren selbst Betreuung bedürfen. Die Herausforderungen, denen wir uns in der Pflege stellen müssen, werden wir mit bloßen Einzelmaßnahmen nicht bewältigen können. Ein klares Bekenntnis zu einer umfassenden Pflegereform muss her, die diesem Namen auch gerecht wird.
- Einheitliches Angebot und Qualität. Die Kompetenzen des Pflegesystems liegen derzeit zersplittert bei Bund, Ländern und Gemeinden. Hier versickert Geld, anstatt bei den Betroffenen anzukommen. Außerdem sorgt das dafür, dass die Kosten für Pflege stark vom Wohnort abhängen. Besonders deutlich zeigt sich das am Beispiel einer Heimhilfe für eine pflegebedürftige Person der Pflegegeldstufe 3. Vom Pflegegeld kann man beispielsweise in Niederösterreich 55 dieser Stunden bezahlen, im Burgenland nur 27 Stunden. Pflege- und Betreuungsangebote müssen unbedingt bundesweit einheitliche und gleich hohe Qualität haben. Dafür übernimmt am besten der Bund die gesamte Finanzierungskompetenz.
- Ausbau mobiler Dienste. Für viele pflegebedürftige Menschen ist der Wunsch klar: Pflege daheim statt im Heim. Dazu muss das Angebot mobiler Dienste, wie Heimhilfen und 24-Stunden-Betreuung, jedoch unbedingt erweitert und ausgebaut werden. Zusätzlich besteht dringender Nachholbedarf bei teilstationären Angeboten wie Tageszentren und alternativen Wohnformen wie betreuten Wohngemeinschaften.
- Pflegeberuf attraktiver machen. In den kommenden Jahrzehnten werden wir mit einem großen Mangel an Pflegekräften zu kämpfen haben, wenn wir nicht sofort handeln. Dazu gehört einerseits eine dringende Anpassung der Gehälter an jene im Gesundheitsbereich, andererseits ein Ausbildungssystem, das von der Lehre bis zur akademischen Abschluss reicht.
- Entlastung pflegender Angehöriger. Im Status quo leisten Angehörige aktuell den Großteil der Betreuungsleistungen und beuten sich selbst aus. Alle Schritte einer Pflegereform müssen daher letztendlich auch sie entlasten. Insbesondere durch mobile Dienste, die die Betreuung übernehmen, können Angehörige mehr gemeinsame Zeit und schöne Momente mit den Pflegebedürftigen verbringen.