Ingrid Korosec
Präsidentin des Österr. Seniorenbundes
Abgeordnete zum Wr. Landtag
Volksanwältin a.D.
Pflegebedürftigkeit kann jeden Menschen treffen und ist ein Grundrisiko des Lebens. Jahrelang habe ich dafür gekämpft, dass wir uns – wie im Fall von Krankheit oder Arbeitslosigkeit – als Gesellschaft gegenseitig schützen und dafür vorsorgen. Dieses Umdenken habe ich stets eingefordert. Die vielen Gespräche und intensive Arbeit des Seniorenbundes haben sich nun gelohnt. Das ganzheitliche Pflegekonzept des Seniorenbundes ist jetzt Teil des Programms der neuen Volkspartei und wurde in allen wichtigen Punkten übernommen.
Pflege wird als Lebensrisiko anerkannt
Das Wichtigste: Pflege soll endlich als die fünfte Säule in der Sozialversicherung etabliert werden. Das bedeutet, dass Pflege als großes Grundrisiko des Lebens anerkannt und somit Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter und Unfällen gleichgestellt wird. Das schafft die Basis für tiefgreifende und nachhaltige Reformen. Damit gewinnen vor allem die rund 461.000 Bezieherinnen und Bezieher von Pflegegeld und die rund 950.000 Menschen, die in der Pflege und Betreuung im Familienkreis tätig sind und sich für ihre Angehörigen aufopfern. So werden ihnen Entlastung und leistbare Betreuung garantiert.
Pflegeversicherung: Bekenntnis zur Steuerfinanzierung
Während der Bedarf an Pflege steigt, gehen Arbeitsunfälle glücklicherweise zurück. Dadurch werden Mittel aus den Beiträgen zur Unfallversicherung frei. Diese sollen im ÖVP-Modell zur Pflegeversicherung umgeschichtet werden. Die Kompetenz liegt dann bei der AUVA, die zur AUPVA – der Allgemeinen Unfall- und Pflegeversicherungsanstalt – wird. Weitere Pflegekosten werden darüber hinaus durch das Budget gedeckt. Im Klartext bedeutet das: Keine neuen Steuern und Abgaben! Außerdem stellt die Pflegeversicherung ein Bekenntnis zur hauptsächlichen Steuerfinanzierung dar. Pflege und Betreuungsleistungen stehen allen gleichermaßen zur Verfügung – unabhängig von den eingezahlten Beiträgen.
Das schafft Sicherheit – im Gegensatz zum Versicherungsmodell, das beispielsweise in Deutschland praktiziert wird. Denn dort ist die Pflegversicherung eine „Teilkasko-Versicherung“, die nur bestimmte Leistungen abdeckt. Zu pflegende Menschen und ihre Angehörigen müssen dort weiterhin tief in die Tasche greifen. Das lehnen wir als Seniorenbund nach wie vor strikt ab!
Finanzierung aus einer Hand
Auch viele andere Seniorenbund-Forderungen sind nun zentrale Punkte der türkisen politischen Agenda. Dazu gehört die Entlastung pflegender Angehöriger und der Ausbau mobiler Dienste, damit betreuungsbedürftige Menschen so lange wie möglich daheim gepflegt werden können. Außerdem wird die Finanzkompetenz in die Hände des Bundes gelegt. Die bisherige Aufteilung auf Bund, Länder und Gemeinden hat dafür gesorgt, dass in den einzelnen Bundesländern große Unterschiede bei der Leistbarkeit von Pflege und Betreuung geherrscht haben. Ein Altern in Würde darf aber nicht vom Wohnort abhängig sein!
Jugend mit Pflegelehre gewinnen
Das Bekenntnis zur Schaffung einer früh zugänglichen Pflegelehre und die Errichtung einer höheren Pflegelehranstalt werden entscheidend dazu beitragen, den drohenden Mangel an Pflegekräften abzufangen. Durch eine Ausbildungsmöglichkeit ab dem 15. Lebensjahr wird verhindert, dass wir interessierte Jugendliche an andere Berufszweige verlieren. Die ersten Lehrjahre sollen dabei rein der Theorie gewidmet werden. So entspricht eine Pflegelehre auch der EU-Richtlinie, die das Arbeiten mit Menschen im Sozialbereich erst ab 17 Jahren gestattet. Darüber hinaus soll Demenz auch in der Neuaufstellung des Pflegegelds entscheidend berücksichtigt werden.
Diese Pflegereform ist ein klares Bekenntnis zur älteren Generation und eine Würdigung all dessen, was sie für Österreich geleistet haben. Jetzt heißt es Zusammenrücken, dass wir diesen Weg der Veränderung und der Reformen auch im Herbst wieder weitergehen können.