Ingrid Korosec
Präsidentin des Österr. Seniorenbundes
Abgeordnete zum Wr. Landtag
Volksanwältin a.D.
Frauenpolitische Themen haben naturgemäß zum jährlichen Weltfrauentag Hochkonjunktur. Die Problemstellen werden aufgezählt und Handlungsfelder analysiert. Doch in der Regel verlaufen sich die Ankündigungen dann im politischen Alltag, um rechtzeitig vor dem nächsten Weltfrauentag wieder aufgefrischt zu werden. So etwa beim Thema Pensionssplitting. Ich fordere seit 1995 ein automatisches Pensionssplitting, um speziell Frauen vor Altersarmut zu schützen. Umgesetzt wurde 2005 ein freiwilliges Pensionssplitting ohne flankierende Information der Bevölkerung. Die Zahl der Anträge war entsprechend bescheiden: Zwischen 2010 und 2017 haben 850 Menschen österreichweit vom Pensionssplitting Gebrauch gemacht, davon 326 Frauen und 524 Männer. Umso wichtiger war mir, das Thema in der Tageszeitung Die Presse ("Pensionssplitting: Langer Weg zum sanften Zwang") erneut auf die politische Agenda zu setzen.
Handlungsbedarf trotz Anstieg der Anträge
Zuletzt wurde das Pensionssplitting zwar deutlich beliebter, die Anträge stiegen im Jahr 2018 signifikant auf 412. Wobei sich der Eindruck relativiert, wenn man diese Anzahl mit jährlich 87.000 Geburten vergleicht.
Dabei wäre durch das Pensionssplitting durchaus ein gewisser Ausgleich möglich: Der erwerbstätige Elternteil kann nämlich seinen Pensionsanspruch „splitten“ und dem überwiegend erziehenden bis zu 50 Prozent abtreten. Die Übertragung ist mittlerweile für die ersten zehn Jahre nach der Geburt möglich. Doch diese Ausweitung reicht nicht. Zu diesem Zeitpunkt denkt naturgemäß noch niemand an seine Pension. Hier müsste der Antrag wesentlich später gestellt werden dürfen, und aus der Kann- muss eine Muss-Bestimmung werden. Nur wenn beide Elternteile das Pensionssplitting explizit nicht wollen, soll ein Antrag auf Verzicht gestellt werden. Wir wissen längst, dass Opt-in-Varianten wenig bringen, weil die Menschen bei der Standardeinstellung bleiben, zumal das Splitting innerhalb der Bevölkerung kaum bekannt ist.
Salbungsvolle Worte zum Weltfrauentag helfen uns nicht weiter
Was zu tun wäre, liegt auf der Hand. Es wird notwendig sein, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Voraussetzungen schafft, Frauen vor einer dauerhaften Teilzeitfalle und dem damit verbundenen Risiko einer Altersarmut zu bewahren. Leisten Frauen jahrelang Kindererziehung, muss automatisch bei der Pensionsberechnung ausgeglichen werden. Auch in der Pflege von Angehörigen muss ein sozialer Ausgleich stattfinden. Hier ist jetzt eine Pflegereform in Ausarbeitung deren Ziel, echte Fairness sein muss!
Weitere Forderungen des Seniorenbund
- Frauen müssen im Scheidungsfall verbindlich über die Auswirkungen der Scheidung auf ihre Pensionsansprüche aufgeklärt werden. Verzichtet eine Frau etwa auf den Unterhalt und bekommt stattdessen eine Eigentumswohnung zugesprochen, hat dies gravierende Auswirkungen auf ihre Pension.
- Im Scheidungsfall sollen Pensionskonto-Gutschriften im Fall geleisteter Kindererziehungszeiten automatisch geteilt werden.
- Die Anrechnung von vier Jahren Kindererziehungszeiten pro Kind für die Pension, unabhängig wann die Kinder geboren wurden. Zudem sollte das Median-Einkommen für die Berechnung herangezogen werden.
Frauen haben sich vieles erkämpft, in den großen Linien wurde Gleichberechtigung erreicht. Wir diskutieren heute nicht mehr darüber, ob Frauen berufstätig sind und trotz Kindern Karriere machen. Doch diese Sicherheit ist trügerisch. Das Risiko der Altersarmut aufgrund fehlender Erwerbsjahre ist vielen Frauen nicht bewusst. Das ist umso erstaunlicher, als im urbanen Raum mittlerweile jede zweite Ehe geschieden wird.
Auf diese Fallstricke mache ich seit Jahren aufmerksam und ich werde weiterhin dafür kämpfen, dass für jene, die überwiegend Kindererziehung und Pflege leisten, ein spürbarer Effekt in Richtung Fairness erzielt wird!
Und die Hauptlast tragen die Frauen.