Ingrid Korosec
Präsidentin des Österr. Seniorenbundes
Abgeordnete zum Wr. Landtag
Volksanwältin a.D.
Die allgemeine Arbeitslosigkeit ist im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent gesunken. Das ist zuerst eine sehr erfreuliche Nachricht. In beinahe allen Bevölkerungsgruppen werden Rückgänge verzeichnet. Bei einer Bevölkerungsgruppe war das aber erneut nicht der Fall: Der Generation 50+.
Dass insbesondere ältere Menschen nicht vom Aufschwung am Arbeitsmarkt profitieren können, ist ein negativer Trend. Dieser ist bei Weitem nicht neu. Obwohl die allgemeine Arbeitslosigkeit bereits seit 30 Monaten in Folge gesunken ist, bleibt die Generation 50+ weiterhin auf der Strecke.
Das ist unter anderem einer geringeren Wertschätzung älterer Arbeitskräfte und ihres Erfahrungsreichtums geschuldet. Dabei wollen vor allem ältere Menschen arbeiten. Zwei Drittel der Seniorinnen und Senioren wollen auch noch in der Pension einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen, egal ob bezahlt oder ehrenamtlich, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Das Potenzial der Generation 50+ wird weitgehend unterschätzt – und hat für die Betroffenen weitreichende Folgen. Arbeitslosigkeit und ein gescheiterter Wiedereinstieg ins Erwerbsleben gehen oft nahtlos mit Altersarmut einher.
Hier darf nicht länger einfach nur zugesehen werden! Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, mit denen ältere Menschen am Arbeitsmarkt unterstützt werden können und müssen:
- Beschäftigungsanreize für Unternehmen: Förderungen wie die Eingliederungshilfe tragen dazu bei, dass ältere Menschen wieder im Berufsleben Fuß fassen können.
- Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für ältere Arbeitskräfte: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können so nicht nur ihre Kompetenzen ausbauen, sondern weiterhin in ihrem Beruf „am Puls der Zeit“ bleiben. Weiterbildungen sollten darüber hinaus in einer Gesellschaft, für die lebenslanges Lernen ein hohes Gut ist, eine Selbstverständlichkeit sein.
- Verstärkte Bemühungen des AMS: Die Anzahl der älteren Menschen in Schulungen ist zuletzt gestiegen. Das ist ein Indiz für die vermehrten Bemühungen des AMS, die Generation 50+ wieder auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Schulungen allein reichen aber nicht, wenn sie nicht in einer Arbeitsstelle münden. Die Anstrengungen des AMS müssen sich vermehrt auf die ältere Generation konzentrieren.
- Altersgerechte Arbeitsplätze: Dazu zählen laut Arbeitsinspektorat verschiedene Bereiche, von der Sicherheit über Hygiene, Präventionsmaßnahmen bis hin zu altersverträglicher humanen Gruppenarbeit und Pausengestaltung.
- Gesundheitsprävention: Ein Ausbau medizinischer Betreuung und Vorsorge in den Unternehmen, beispielsweise durch regelmäßige Gesundheitschecks und Leistungen wie kostenlose Impfungen trägt entscheidend dazu bei, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger fit zu halten. So können sie auch mit zunehmendem Alter uneingeschränkte Leistung für das Unternehmen erbringen.
- Änderung der Gehaltsschemen: Der Seniorenbund setzt sich für eine neues Gehaltsschema in Kollektivverträgen ein. Vorgesehen ist ein höheres Einstiegsgehalt bei Arbeitsbeginn, bei dem die Erhöhungen aber mit fortschreitender Anstellungsdauer abflachen. Das Lebenseinkommen bleibt dabei aber gleich. So wird nicht nur die große Schere zwischen Anfangs- und Endgehältern geschlossen. Der Anreiz, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu kündigen und durch „billigere“ jüngere Arbeitskräfte zu ersetzen, wird so immer unattraktiver.
- Unternehmerisches und gesellschaftliches Umdenken: Ältere Arbeitskräfte verfügen über jahrelange Erfahrung und besonders ausgereifte und gewachsene Fähigkeiten. Dau gehören Zuverlässigkeit, Gesprächsführung, Kommunikationsfähigkeit, Stabilität Urteils- und Entscheidungsfähigkeit auch bei komplexen Sachverhalten und Loyalität. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren werden, dass sie es sich nicht leisten können, auf diese Ressourcen allein aus Sparüberlegungen heraus zu verzichten.
Unternehmen und die Wirtschaft profitieren von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Generationsübergreifende Zusammenarbeit steigert die Produktivität und fördert Wachstum. Die Fachwelt ist sich längst darüber einig, dass eine durchmischte Altersstruktur Unternehmen langfristig zu größerem Erfolg verhilft. Das muss nur noch in den Köpfen vieler heimischer Unternehmerinnen und Unternehmer ankommen.